Sonntagsgruß, 20. Februar 2022 

Liebe Gemeinde,Bibel
Das Wort Gottes - was ist das eigentlich? Viele würden wohl spontan antworten: Die Bibel! Gott hat sie uns gegeben, die Worte darin sind durch den Heiligen Geist den Menschen, die sie aufschrieben, eingegeben.
Doch die das behaupten müssen sich fragen lassen: wie kommt es dann, dass z.B. die Berichte von Jesus, die vier Evangelien, nicht in allen Dingen miteinander übereinstimmen? Warum ist es überhaupt notwendig, vier verschiedene Berichte aufzuschreiben und festzuhalten?
Wir sehen, so einfach ist das mit dem Wort Gottes nicht. Die Bibel kann jedenfalls nicht pauschal als Wort Gottes bezeichnet werden. Sie berichtet vielmehr von den Erfahrungen, die die Menschen mit Gott gemacht haben.


Was ist also mit dem Wort Gottes gemeint? Der Schreiber des Hebräerbriefes gibt die Antwort selbst in den Versen unseres heutigen Predigttextes:
Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.
Was bedeutet es, wenn von einem „lebendigen Wort“ die Rede ist? Muss das Wort Gottes mündlich an uns ergehen? Muss erst ein Engel kommen, der uns das Wort Gottes sagt? Und man darf natürlich auch fragen, ob gesprochenes Wort wirklich lebendiger ist als geschriebenes Wort!
Nicht immer kann man diese Frage bejahen. Denn auch gesprochenes Wort kann tot sein. Z.B.: wenn niemand da ist, um es zu hören, hat es überhaupt keine Wirkung. Es ist sinnlos, das Wort überhaupt zu sprechen.
Oder wenn die Hörer sich dem gesprochenen Wort verschließen, ihre Ohren auf Durchzug stellen, ist das Wort tot, wirkungslos. Und selbst wenn sie es hören und aufnehmen, bleibt das Wort zunächst tot.
Es wird erst dann lebendig, wenn die Menschen, die es aufnehmen, die es also hören, das Wort auch in sich wirken lassen. Wenn sie zulassen, dass das Wort sie anrührt und sie verwandelt, sie antreibt und unruhig macht. Es begeistert uns für Gott, es reißt uns aus unserer Schuld heraus, es packt uns und führt uns auf einen Weg, der uns und die Welt um uns herum verändert. Doch es bleiben natürlich immer Zweifel: wann ist es nun Wort Gottes, und wann nicht? Vielleicht helfen uns ein paar Wesenszüge, die das Wort Gottes als solches erkennbar machen:
Das Wort Gottes ist immer einladend, und zugleich demütigend. Es hält uns selbst immer den Spiegel vor. Es macht uns klar, dass wir von der Gnade und Vergebung Gottes genauso abhängig sind wie jeder andere. Es zeigt uns, dass nicht wir über die anderen zu richten haben, sondern dass Gott selbst durch sein Wort richten wird und uns dabei nicht ausnimmt.
Das Wort Gottes ist lebendig. Es kommt zu uns auf vielfältige Weise, auch natürlich dann, wenn wir in der Bibel lesen. Denn die Bibel erzählt davon, wie Gott handelt, und öffnet uns damit auch für sein Handeln in uns. Das Wort Gottes kommt zu uns auch dadurch, dass wir von den Erfahrungen anderer lesen, die Gottes Wort begegnet sind.
Manchmal begegnet uns aber Gottes Wort auch auf ganz andere Weise:
Etwa durch die Begegnung mit einem anderen Menschen, vielleicht sogar durch die Begegnung mit einem, von dem wir sicher wissen, dass sie oder er nichts mit Gott zu tun haben will.
Es kann auch sein, dass durch ein Ereignis in unserem Leben plötzlich Gott zu uns spricht. Oder wir hören seine Stimme, wenn wir uns einmal die Zeit nehmen, still zu werden, wenn wir beten oder gemeinsam mit anderen Gottesdienst feiern. Immer kann Gott zu uns sprechen, und der Wochenspruch weist uns darauf hin, dass er es auch heute tut.
Das Wort Gottes beginnt in uns zu rumoren, es rüttelt uns auf, es setzt uns in Bewegung. Denn es gibt sich nicht zufrieden, wenn wir nur dar sitzen und unser Leben so wie es ist genießen. Wir spüren diese Kraft und wissen: Gott spricht zu uns.
Und dann können wir uns aufmachen, zu tun, wozu das Wort Gottes uns auffordert: nämlich Liebe zu üben, allen Menschen mit Offenheit und Vergebungsbereitschaft zu begegnen, zu helfen, wo Not ist, und das alles nicht, damit unsere Namen in der Zeitung stehen sondern damit das Gesicht dieser Welt etwas freundlicher wird, dass weniger Menschen Angst haben müssen und damit etwas sichtbar wird von dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit.
Herzliche Grüße und einen gesegneten Sonntag wünscht
Christian Petersen, Prädikant der Kirchengemeinde

 
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