Wegweiser

Rut zieht mit Noomi nach Bethlehem (Rut 1, 1-19a)

Den Bibeltext finden Sie am Ende des Sonntagsgrußes

 

Liebe Sonntagsgrußleserinnen und -leser,

das Buch Rut ist als biblisches Buch einmalig ganz aus der Perspektive von Frauen erzählt. Noomi entschließt sich nach dem Tod ihrer Söhne zur Rückkehr in ihr Heimatland Juda. Ihren beiden Schwiegertöchtern Orpa und Rut empfiehlt sie, im Land der Moabiter zu bleiben. Rut aber lässt sich nicht davon abbringen, Noomi zu begleiten: „Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.“ (Rut, 1, 16) Der Text für den heutigen Sonntag endet damit, dass sich die beiden auf den Weg machen und in Bethlehem ankommen. Wie es weitergeht, bleibt offen. Diejenigen, die die Geschichte von Rut kennen oder das Buch bis zum Ende lesen, erfahren, dass es für Rut gut ausgeht.
Das konnte sie aber bei ihrer Entscheidung noch nicht wissen. Alles war offen. Sie entschied sich für die Treue zu ihrer Schwiegermutter und für eine Zukunft, von der sich nicht wissen konnte, wie sie sich entwickeln würde. Es war eine Lebensentscheidung.

Lebensentscheidungen haben wir alle schon getroffen, kleine oder große. Wir werden weiterhin Entscheidungen treffen und wissen meistens nicht genau, was sie für uns bedeuten. Manchen von uns fallen sie leicht, andere zweifeln lange und wägen ab, entschließen sich endlich und hadern manchmal dennoch weiter. Wir sind unterschiedlich auch darin, wie wir mit Entscheidungen umgehen.

Was hat Rut wohl zu ihrer klaren Entscheidung gebracht? Der biblische Text gibt keine direkten Auskünfte über ihr inneres Ringen. Wir können es uns aber vorstellen.

Ich stelle mir vor, dass sich Rut mit Noomi eng verbunden fühlte, dass sie wie eine Mutter für sie geworden war. Vers 9 spricht davon, dass Noomi ihre Schwiegertöchter küsst und ihnen vorschlägt, ins Haus ihrer Mutter zurückzukehren. Die Nähe zwischen den dreien wird daran für mich deutlich. Es ist eine mütterliche Liebe von Noomi zu Orpa und Rut. Orpa bleibt daraufhin ihn ihrem Heimatland. Wahrscheinlich aus einer ähnlich engen Verbundenheit zu ihrer Heimat heraus, wie Rut sie zu Noomi empfindet. Es ist vielleicht ihr Herz, ihre Liebe zu dieser Frau, die sie letztlich dazu bringt, sich für sie und ihren Weg zu entscheiden und ihre Heimat und ihre Sicherheiten aufzugeben. Darum wird der Vers 16 oft als Trauspruch gewählt „Wo du hingehst, da will ich auch hingehen.“ Er drückt aus, dass man einen Weg aus Liebe gemeinsam geht.

Die Liebe oder die Frage „Wofür schlägt mein Herz?“ ist ein Kriterium, um Entscheidungen zu treffen. Wo spüre ich am ehesten, dass ich meine Liebe zu Menschen oder einer Sache einbringen kann?

Und eins glaube ich: Gott, der die Liebe ist, geht mit uns, wofür auch immer wir uns entscheiden. Er ist da. Und das gilt auch und gerade dann, wenn wir spüren, dass es anders kommt, als erwartet. Das Vertrauen darauf, dass auch dann noch etwas Unerwartetes kommen kann (wie auch für Rut) und dass Gott auch dann noch an unserer Seite ist, kann uns tragen und helfen, beherzt unsere Wege zu gehen und uns dabei an der Liebe zu orientieren, die für jede und jeden etwas anderes bedeuten kann.

„Lasst uns dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt.“ (Alfred Delp)

Auch im Namen von Pfarrerin Jutta Richter-Schröder und Pfarrer Hardy Rheineck grüße ich herzlich und wünsche einen gesegneten Sonntag!

Gudrun Schlottmann

 

Der Bibeltext: Rut1, 1 - 19 a

1 Zu der Zeit, als die Richter richteten, entstand eine Hungersnot im Lande. Und ein Mann von Bethlehem in Juda zog aus ins Land der Moabiter, um dort als Fremdling zu wohnen, mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen. 2 Der hieß Elimelech und seine Frau Noomi und seine beiden Söhne Machlon und Kiljon; die waren Efratiter aus Bethlehem in Juda. Und als sie ins Land der Moabiter gekommen waren, blieben sie dort. 3 Und Elimelech, Noomis Mann, starb, und sie blieb übrig mit ihren beiden Söhnen. 4 Die nahmen sich moabitische Frauen; die eine hieß Orpa, die andere Rut. Und als sie ungefähr zehn Jahre dort gewohnt hatten, 5 starben auch die beiden, Machlon und Kiljon. Und die Frau blieb zurück ohne ihre beiden Söhne und ohne ihren Mann. 6 Da machte sie sich auf mit ihren beiden Schwiegertöchtern und zog aus dem Land der Moabiter wieder zurück; denn sie hatte erfahren im Moabiterland, dass der HERR sich seines Volkes angenommen und ihnen Brot gegeben hatte. 7 Und sie ging aus von dem Ort, wo sie gewesen war, und ihre beiden Schwiegertöchter mit ihr. Und als sie unterwegs waren, um ins Land Juda zurückzukehren, 8 sprach sie zu ihren beiden Schwiegertöchtern: Geht hin und kehrt um, eine jede ins Haus ihrer Mutter! Der HERR tue an euch Barmherzigkeit, wie ihr an den Toten und an mir getan habt. 9 Der HERR gebe euch, dass ihr Ruhe findet, eine jede in ihres Mannes Hause! Und sie küsste sie. Da erhoben sie ihre Stimme und weinten 10 und sprachen zu ihr: Wir wollen mit dir zu deinem Volk gehen. 11 Aber Noomi sprach: Kehrt um, meine Töchter! Warum wollt ihr mit mir gehen? Wie kann ich noch einmal Kinder in meinem Schoße haben, die eure Männer werden könnten? 12 Kehrt um, meine Töchter, und geht hin; denn ich bin nun zu alt, um wieder einem Mann zu gehören. Und wenn ich dächte: Ich habe noch Hoffnung!, und diese Nacht einem Mann gehörte und Söhne gebären würde, 13 wolltet ihr warten, bis sie groß würden? Wolltet ihr euch einschließen und keinem Mann gehören? Nicht doch, meine Töchter! Mein Los ist zu bitter für euch, denn des HERRN Hand hat mich getroffen. 14 Da erhoben sie ihre Stimme und weinten noch mehr. Und Orpa küsste ihre Schwiegermutter, Rut aber ließ nicht von ihr. 15 Sie aber sprach: Siehe, deine Schwägerin ist umgekehrt zu ihrem Volk und zu ihrem Gott; kehre auch du um, deiner Schwägerin nach. 16 Rut antwortete: Bedränge mich nicht, dass ich dich verlassen und von dir umkehren sollte. Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. 17 Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der HERR tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden. 18 Als sie nun sah, dass sie festen Sinnes war, mit ihr zu gehen, ließ sie ab, ihr zuzureden. 19 So gingen die beiden miteinander, bis sie nach Bethlehem kamen.

 
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